Kalmar, Öland, Gotland

Mi., 10.05.2017
Wir haben die Koje für unsere Verhältnisse in Sandhamn früh verlassen, um nach Kalmar oder wenigstens in einen Hafen an die Südspitze von Öland aufzubrechen. Zum Dank werden wir mit dunklen Wolken und ner steifen, eiskalten Brise aus NO empfangen. Wir können uns nicht überwinden die Leinen zu lösen, frühstücken irgendwann, trotten in den Laden beim Hafenmeister, welcher laut Hafenhandbuch Bootszubehör verspricht, um die Fenderpumpe und ein Ventil zu ersetzen. Fehlanzeige, Bootszubehör ist geschmeichelt, es handelt sich eher um Angelbedarf. Nach einem smaltalk mit dem Hafenmeister wissen wir nun auch, dass erst am kommenden Wochenende die Saison hier beginnt, und wir beim Spaziergang durchs Dorf somit weder mit einem Bier, Kaffee, Eis oder Hotdog rechnen können😕. Aber dann soll er kommen, der Sommer, sozusagen ohne Frühling. Man bedenke es sind nur noch gute 6 Wochen bis Midsommar und die Tagestemperaturen lagen in den letzten 3 Wochen zwischen 3 und 8 Grad. Da längere Freilandaufenthalte trotz vereinzeltem Sonnenschein zur Bildung von Eiszapfen führen, vergnügen wir uns den Nachmittag mit der Wäsche, Wasserhahn tauschen, den Kühlschrank von ausgelaufenem Eiweiß befreien und der Hoffnung, dass morgen die Reise gen Norden weiter geht.

Do., 11.05.2017
Bei 4-5 Bft. aus SO, leichter Wolkendecke und ein paar Sonnenstrahlen laufen wir den ca. 1,5 m hohen Wellen hinter der Hafeneinfahrt entgegen. Nach einer Motorstunde gegenan, auch die letzten Sandkörner an Deck sind nun gegen Salzkristalle ausgetauscht, rollen wir die Genua aus und segeln mit 5,5Kn an Ölands Westküste entlang nach Kalmar. Ein genialer Segeltag, bis auf etliche übers Wasser ziehende Gänseschwärme sind wir die Einzigen die unterwegs sind. Nach knapp 9 Stunden sind wir jedoch froh uns den arktischen Temperaturen unter Deck entziehen zu dürfen. Bei Da Ernesto gibt es noch eine Pizza und dann wiegen uns die beiden laufenden Heizungen in den Schlaf.
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Fr., 12.05.2017
Kalmar: Ausschlafen, Brötchen holen, Hafengeld entrichten, Tanken und Ersatzteile besorgen stehen auf dem Programm. Bei den Ersatzteilen gehen wir leer aus. Mit dem Fahrrad werden zwei Kanister Diesel transportiert, wat für ein Spaß. In der Fussi belohnen wir uns nach einer kleinen Radtour durch Kalmar mit einem Burger und einem Falcon-Bier in der Abendsonne. Alles sitzt mit Winterjacken draussen in den Straßencafé’s, während die Jungend am matchday teils im shorty, kurzen Hosen & BH, Kostümen sowie im Minirock eine mit Seifenwasser befeuchtete Plastikbahn den Hang hinunter rutscht. Hier im Ölandshamnen haben wir das erste Mal das Gefühl, dass die Saison beginnt. Es wird Aufgeriggt und die ersten Fahrtensegler liegen mit uns längsseits am Kai 😊.

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Sa., 13.05.2017
Aufbruch nach Borgholm auf Öland. Die Temperaturen versprechen in den nächster Tagen in der Mittagszeit zweistellig zu werden😉. Dafür lässt der Wind zu wünschen übrig. Im Kalmarsund entspricht er absolut nicht der Vorhersage. Wenn ein Lüftchen kommt, dann natürlich gegen an oder es ist spiegelglatt auf dem Wasser. Zum Kreuzen sind wir zu faul, außerdem fehlen uns für diesen kleinen Ausschnitt auf See entlang Öland die Detailkarten. Geplant war die Tour ja über Polen nach Estland. Wir entschließen uns vorzeitig nach 18sm den Tagestörn zu beenden und laufen zur Mittagszeit nach Borgholm ein. Bei herrlichem Sonnenschein können wir im T-Shirt im Cockpit sitzen, den Grill anwerfen und einigen ganz Harten beim Baden zusehen😱, während zu Hause ein Unwetter mit Hagelkörnern tobt. Man könnte mittlerweile von Hochsaison sprechen, es liegen gegen Abend immerhin 4 bemannte Segelyachten, alles Schweden, im Hafen.


So., 14.05.2017
Wir starten den zweiten Versuch nach Byxelkrok. Wind und Wetter verhalten sich wie am Vortag. Der kleine Hafen mit den umliegenden Hütten sieht einladend aus, jedoch befindet sich alles noch im Winterschlaf. Der Hafenmeister erzählt uns, dass vor einer Woche die Nachttemperatur noch bei -5 Grad lag, so kalt wie seit 1947 nicht mehr. Wir besorgen uns noch drei Kanister vom goldenen Öl, da auch morgen nach Gotland voraussichtlich die Yanmar-Fock zum Einsatz kommt.
Mo., 15.05.2017
Start nach Visby auf Gotland. Es liegen ca. 50sm vor uns. Im Hafen werden wir von einzelnen Fischern verabschiedet, die See ist spiegelglatt, Sonne und Wolken liefern sich ein Wechselspiel und wieder ist weit und breit keine Segelyacht zu sehen. Super, nach 90 Minuten Fahrt können wir die Segel setzen🤗, einer ruhigen Überfahrt steht nichts mehr im Weg. Eine teils dunkle Wolkendecke streift über uns hinweg, bevor uns die Sonne gegen Abend wieder mit Wärme versorgt. Bei den navigational warnings über UKW wird immer noch auf Eisgang hingewiesen, genauere Informationen gibt es über das Internet. Ein bisher ungewohntes Geräusch geht übers Deck. Brutus ist aufgewacht und hat seine Arbeit angetreten die Batterien zu versorgen. Gleichzeitig bedeutet es auch, dass wir an Fahrt aufnehmen. Der kalte NO-Wind nimmt zu, natürlich mehr als in der Ansage vom DWD. Mit 11m/s in der Spitze gewinnt der Schwede mit seiner Prognose und wir stampfen bei 1,5m Welle gegen an. Mittlerweile zusammengerefft ist die Höhe nicht mehr zu halten, also nochmal einen Schlag raus, die Wassertiefe hier beträgt über 120m und damit steigt unsere Logge aus. Unter Segeln laufen wir beim zweiten Versuch genau in den Vorhafen von Visby. Frisch gesalzen bis ins Cockpit genießen wir unseren Anleger. Der Hafenmeister versorgt uns auf seinem Heimweg mit Informationen . Das Hafengeld werden wir nicht mehr los, wir sollen ihn bei Abfahrt anrufen, da es zu dieser Jahreszeit keine festen Öffnungszeiten im Hafenbüro gibt. Bisher war es der beste Segeltag, den wir gegen 22Uhr in der Bar Björkanders bei einem Snack ausklingen lassen.

Di., 16.05.2017
Hafentag in Visby, der Hauptstadt von Gotland.
Was für ein freundliches Stück Erde. Die Sonne lässt sich bereits kurz nach halb fünf in der Früh blicken, überall wird man herzlich willkommen geheißen, die alte Innenstadt ist sehr gepflegt, und obwohl noch keine Saison ist sind etliche kleine Butiken, Bars, Restaurants und Cafés geöffnet. Am Strandgatan in Hafennähe hat sich ein deutsches Filmteam postiert und wir können einige Szenen einer neuen Folge von „Der Kommissar und das Meer“ mit Walter Stiller miterleben. Seit 10 Jahren werden bereits zwei Filme pro Jahr hier gedreht erzählt uns lächelnd jemand vom Filmteam.
Die Welt wird bunt, Yachten aus Lettland, Estland, Polen, Finnland und Schweden, sowie eine Motoryacht aus der Schweiz liegen mit uns im Hafen. Am Stora Torget sitzen wir noch in der Abendsonne beim Bier, bevor sich langsam die Wolkendecke schließt und für Morgen Nieselregen ankündigt.

Mi., 17.05.2017
Beim Aufstehen planen wir um und verbleiben einen weiteren Tag in Visby. Die Feuchtigkeit in der Luft läd nicht wirklich zu einem Törn in den Norden ein. Wir sind jetzt seit 4 Wochen unterwegs, d.h. 1/6 der Zeit haben wir bereits verlebt🙃.
Während die Maschinen in der Waschküche arbeiten, bummeln wir ausgiebig durch die kleinen Läden und Butiken. Gegen Nachmittag lässt der Nieselregen nach, wir wechseln das Kartenmaterial und holen uns sämtliche Wetterberichte für die nächsten Tage. Spontan raffen wir uns nochmal auf und haben tatsächlich Glück an der kleinen Theke des Fischlokals noch einen Platz zu ergattern. Bei geräucherten Schrimps und einer leckeren Fischsuppe endet auch dieser Tag.

 

 

Do., 18.05.2017
Es ist diesig, die Sonne scheint und die See ist noch spiegelglatt. Laut Wettervorhersage sollen doch tatsächlich heute 19 Grad in Visby erreicht werden. Zu warm für uns, um 7:30 Uhr laufen wir aus, um an die Nordspitze von Gotland auf die Insel Färö zu verlegen, 13 Grad reichen auch😉. An der Küste motoren wir 4 Stunden entlang, bevor uns der Wind unter die Arme greift und wir das letzte Drittel bis zum Horn von Lauter segeln können. Die Küste ist felsig und stark bewaldet, in größeren Abständen ragt immer mal wieder eine Kirchturmspitze über die Baumwipfel. Eine Robbe lässt sich an Steuerbord blicken, verschwindet quer ab von uns, um uns neugierig hinterher zu schauen als wir wieder in sicherer Entfernung zu ihr sind. Eiderenten gibt es auch hier auf Gotland. Vom Landesinneren haben wir leider nichts gesehen, aber den Eindruck, den wir in der Hauptstadt gewonnen haben, weckt den Wunsch auf mehr Gotland. Der kleine Fischerhafen ist idyllisch und liegt in einem Naturschutzgebiet. Gegen Abend schmeißen wir den Grill an und stärken uns für die morgige Überfahrt nach Estland, nach Dänemark und Schweden das dritte Land auf unserer Reise. Außer von Berichten über Estland wissen nicht was uns dort wirklich erwartet und sind gespannt wie ein Flitzebogen.

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